Mädchen mit Gänseblümchen

Geste des Gebens: Ehrenamt hat viel mit Selbstlosigkeit zu tun – und genau deshalb bekommt man so viel zurück!

Bild: iStockPhoto / Jitalia17

Ehrenamt

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern ist eine Ehrenamtskirche: 146.000 Kirchenmitglieder engagieren sich ehrenamtlich in ihr - aus Überzeugung und aus Freude an der Mitarbeit.  

Im Durchschnitt leisten evangelische Christen rund 2,1 Millionen Stunden ehrenamtliche Arbeit in Kirchengemeinden und Einrichtungen der ELKB, berichtet Hagen Fried vom Nürnberger Amt für Gemeindedienst. Eine Menge Zeit, Kraft und gute Ideen fließen in den Einsatz für andere Menschen, den Dienst in Gottesdienst und Verkündigung sowie in Leitungsaufgaben.

Zu den Ehrenamtlichen gehört zum Beispiel Brigitte Reinard aus Thalmässing, 50 Kilometer südlich von Nürnberg. Die selbständige Erwachsenenbildnerin entwickelt organisatorische Konzepte für Kirchengemeinden und verquickt Hauptberuf und Ehrenamt synergetisch: „Ich wuchere mit meinen Ideen gern“, erzählt die 56-Jährige augenzwinkernd. „Deshalb probiere ich sie am liebsten ehrenamtlich in meiner eigenen Kirchengemeinde aus.“

Eine persönliche Befriedigung

Da leitet sie etwa Kurse mit dem Titel „Biografiearbeit“ für Senioren, in denen diese reflektieren können, wie sie persönlich früher zum Beispiel Konfirmation gefeiert haben und wie man das Lebensfest heute zelebriert. Oder sie organisiert Spiele-Nachmittage mit Kindern und älteren Menschen, „um das Miteinander von Alt und Jung zu fördern“. Geballtes Know-how aus der Erwachsenenbildung - einfach so, auch wenn es gar kein Geld dafür gibt? Ja, nickt Brigitte Reinard, „Ehrenamt ist für mich persönliche Befriedigung, und es ist eine Freude, mit und für Menschen zu sein.“

Dass es auch Einfluss auf eine berufliche Neuentscheidung haben kann, zeigt Andreas Wistuba. Der 47-Jährige, der aus Köthen in Sachsen-Anhalt stammt, ist eigentlich gelernter Installateur. „In meiner Heimatstadt hatte ich mich schon neben dem Beruf bei den Maltesern engagiert“, erzählt Wistuba. „Als ich vor einigen Jahren aus privaten Gründen nach Würzburg zog, stand für mich fest, dass ich komplett in den sozialen Bereich wechseln will.“

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„Ehrenamt bedeutet für mich …“

Wistuba machte eine Ausbildung zum Altenpfleger und ist heute Mitarbeiter eines Würzburger Altenheims. Parallel engagiert sich er sich seit 2009 freiwillig in der Offenen Behindertenarbeit (OBA) in Würzburg, wo er zum Beispiel eine Back-Gruppe gegründet hat. „Das war schon immer mein Traum, ich bin leidenschaftlicher Hobbybäcker“, verrät Wistuba, der am liebsten Schwarzwälder Kirschtorte zaubert. Daneben hilft er mit bei der Organisation eines wöchentlichen Kaffeestammtischs oder unternimmt Ausflüge mit den OBA-Teilnehmern. So leistet Wistuba nicht nur gemeinnützige Arbeit, sondern parallel seinen Beitrag zur Inklusion.

Auch besondere Lebensphasen halten viele Menschen nicht davon ab, sich ehrenamtlich einzusetzen. Heike Hartlieb aus Coburg zum Beispiel weilt gerade in Elternzeit, nachdem sie im August letzten Jahres Töchterchen Svea zur Welt gebracht hatte. Jedoch halten die neuen Herausforderungen sie nicht davon ab, den verstärkten Familieneinsatz kurzerhand gemeinnützig auszuweiten: Für das Nürnberger Amt für Gemeindedienst macht sich die gelernte Erzieherin ehrenamtlich im Bereich Familienerholung stark. „Ich begleite Mütter, Väter und Kinder zu Freizeiten zum Beispiel auf die Nordseeinsel Juist, wo ich mit den Teamleitern das Programm gestalte: von der Wattwanderung über den Fahrradausflug bis hin zum Familiengottesdienst.“

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Strandspiele, Burgenbauen oder Muschelsammeln mit den teilnehmenden Kindern gehören ebenfalls zu Heike Hartliebs Aufgaben. Deshalb nimmt sie Svea einfach mit und baut ihre Rolle als frischgebackene Mama ins Ehrenamt ein. „So bekommt Svea schon früh Kontakt zu anderen Kindern, was für sie bereichernd ist – und ich kann mich mit den anderen Erwachsenen austauschen, von denen ja viele auch gerade erst Eltern geworden sind.“

Eine andere besondere Phase im Leben eines Menschen ist der Ruhestand, den jedoch nicht alle damit verbringen, die Hände in den Schoß zu legen. Helga Nitzsche macht es vor: Die 66-Jährige arbeitet seit über einem Jahr nicht mehr in ihrem Beruf als Lehrkraft in der Schule für Heilerziehungspflege – umso tiefer taucht Helga Nitzsche in ihre freiwilligen Aufgaben als Vertrauensfrau im Kirchenvorstand ihrer Gemeinde in der Stadt Goldkronach, 14 Kilometer nordöstlich von Bayreuth, und bayernweit als Kirchenvorstandsfachbegleiterin für die Kirchenvorstände anderer Gemeinden.

„Ich bin das Bindeglied zwischen Pfarrer und Gemeinde“, erklärt die 66-Jährige. Von der schwachen Lautsprecheranlage im Gottesdienst bis hin zu Friedhofsangelegenheiten: Sie setzt sich gerne für die Anliegen der Goldkronacher Gemeindemitglieder ein. Dazu sorgt sie für eine vertrauensvolle Verbindung zwischen Pfarrer und Kirchenvorstand, bereitet die Sitzungen des Kirchenvorstands vor, indem sie zum Beispiel die jeweilige Tagesordnung festlegt, oder erarbeitet Perspektiven für die Gemeinde. Auch hält Helga Nitzsche schon mal eine Ansprache in einem Konfirmandengottesdienst. „Als ehemalige Lehrerin kann ich gut mit jüngeren Menschen umgehen und habe kein Problem damit, vor anderen frei zu sprechen.“

Gebetswand

Kurz Innehalten. Einen Gedanken fassen. Mit Gott reden. Ein Gebet mit anderen teilen und für andere mitbeten - das ist die Gebetszettelwand.

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Ehrenamt ist aber nicht nur was für Ältere. Der 18-jährige Adrian Lang aus Bamberg zum Beispiel schiebt momentan ein „Freiwilliges Soziales Jahr“ im Amt für evangelische Jugendarbeit in Nürnberg zwischen Abi und späterem Jurastudium ein – und engagiert sich nebenbei auch noch im Jugendausschuss seiner Kirchengemeinde St. Matthäus in Bamberg. „Ich gestalte zum Beispiel Events für Konfis und Konfirmierte wie die ,Church Night‘ am 18. und 19. November in Bamberg , organisiere Jugendgottesdienste oder Konzerte mit unserer Gemeindeband“, erzählt Adrian. „Immer natürlich noch mit anderen Ehrenamtlichen. Die Zusammenarbeit macht wirklich viel Spaß, auch wenn es nicht immer einfach ist. Vor allem in Bezug auf Absprachen und Kommunikation.“

Lohnende Aufgaben, die er Gleichaltrigen ans Herz legt. „Gerade als junger Mensch hat man doch so viel Zeit, finde ich. Und da zählt für mich auch kein Gegenargument wegen ,G8-Stress‘ oder so; wenn ich sehe, wie viele neben der Schule noch Zeit für Facebook und WhatsApp haben, denke ich, die sollten ihre Energie doch besser in ein Ehrenamt stecken. Das ist nämlich eine ganz große Sache, nicht nur für andere, – sondern auch für sich selbst.“

01.03.2022
Almut Steinecke

Literaturtipp

Cover des Buches Susanne Breit-Keßler, Susanne Janssen: Die großen Töchter Gottes

Susanne Breit-Keßler, Susanne Janssen

Die großen Töchter Gottes

Die biblischen Texte erzählen von beeindruckenden Frauen. Sie sind stark, unbeugsam, eigensinnig, aber auch zerbrechlich und manchmal in sich versunken. Die Malerin und Illustratorin Susanne Janssen und Susanne Breit-Keßler haben sich in ihrem gemeinsamen Buch von diesen Frauen inspirieren lassen.

  • ISBN: 978-3-96038-123-5