Pechmann-Preis

Landeskirche verleiht Pechmann-Preis

In diesem Jahr verlieh die bayerische Landeskirche den Wilhelm Freiherr von Pechmann-Preis an fünf Preisträgerinnen und Preisträger. Die Verleihung wurde live aus der Münchner St. Markus-Kirche übertragen.

Annekathrin Preidel, und der Regionalbischof des Kirchenkreises München und Oberbayern, Christian Kopp, haben am 9. November 2021 in der Münchner St. Markuskirche den fünf Preisträgerinnen und Preisträgern den mit jeweils 2000 Euro dotierten Pechmann-Preis überreicht.

Der 9. November, so Regionalbischof Christian Kopp in seiner Begrüßung, sei „der Tag des Gedenkens an die Pogrome der Nazizeit gegen Juden und Jüdinnen. Er ist der Tag, an dem Demokratinnen und Demokraten auftreten gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus.“ Darum werde der Preis heute verliehen an Personen und Initiativen, „die mit ihrem Engagement genau hier Zeichen gesetzt haben“.

In ihrem Schlusswort erinnerte Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel an die Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. „Viel zu wenige“ hätten damals Widerstand geleistet. „Das macht uns beklommen und hilflos. Es erfüllt uns mit Zorn über Unrecht, Verfälschung und Lüge“, aber auch über „nicht gezogene Konsequenzen aus der Geschichte“, so Preidel. Darum sei Wilhelm Freiherr von Pechmann eine Mahnung, „immer wieder wachsam und besorgt“ zu fragen, „wodurch das Recht zum Recht wird und wie es verhindert werden kann, dass es zum Unrecht wird“.  Christen seien gefordert, Widerstand zu leisten „in einer Zeit, in deren sozialen Medien Hetze und Hass grassieren, in einer Zeit, in der unter dem Deckmantel der moralischen Empörung das Gegenteil des Guten, nämlich die Diskriminierung Anderslebender und Andersdenkender gedeiht, in einer Zeit, in der Übergriffe wie der Anschlag auf die Synagoge in Halle und verbale und körperliche Attacken auf Menschen fremder Herkunft an der Tagesordnung sind“.

Der Preis fördert in Erinnerung an den ersten Präsidenten der Landessynode, Freiherr Wilhelm von Pechmann und seine Verdienste für die bayerische Landeskirche während der NS-Zeit, die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus heute. Ausgezeichnet werden herausragende Leistungen in der historisch-wissenschaftlichen Forschung, in der Bildungsarbeit und Publizistik, vor allem zur damaligen Rolle von Kirche und Christentum. Außerdem können überzeugende Beispiele für Gemeinsinn und Zivilcourage in der Gegenwart ausgezeichnet werden.

Die Jury unter Vorsitz des Münchner Regionalbischofs Christian Kopp hat entschieden, in diesem Jahr den Preis von jeweils 2000 Euro zu vergeben an:

Manfred Brösamle-Lambrecht und ehemalige Schüler/innen des Meranier-Gymnasiums Lichtenfels: 13 Führerscheine – 13 jüdische Schicksale
Im Rahmen eines P-Seminars haben die Schülerinnen und Schüler des Meranier-Gymnasiums Lichtenfels eine historische Ausstellung erarbeitet. Dazu haben sie die Schicksale von 13 Menschen rekonstruiert, denen 1938 im Bezirksamt Lichtenfels der Führerschein entzogen wurde, weil sie Juden waren. Im Rahmen des Projekts wurden auch „Stolpersteine“ verlegt und die Hinterbliebenen kontaktiert. Die Ausstellung wurde in der Synagoge Lichtenfels und an anderen Orten in der Umgebung gezeigt. In englischer Übersetzung zeigte sie das „Museum of Jewish Heritage“ in NewYork.

Dr. Nora Andrea Schulze: Hans Meiser. Lutheraner – Untertan – Opponent. Eine Biographi
Dr. Nora Andrea Schulze hat die Biografie „Hans Meiser. Lutheraner – Untertan – Opponent“ erarbeitet. Diese erste wissenschaftliche Biographie über Hans Meiser untersucht jenseits der erinnerungskulturellen Debatten über die nach Meiser benannten Straßen umfassend und differenziert sein kirchliches Handeln in den grundstürzenden politischen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und die NS-Herrschaft bis hin zur jungen Bundesrepublik.

Sabine Böhlau, Fabian Brüder, Andreas Tobias et al.: Gern gesehen. Gespräche mit Sinti und Roma
Die von den Theologen Sabine Böhlau und Fabian Brüder und dem Fotografen Andreas Tobias verantwortete Wanderausstellung portraitiert auf 17 Tafeln Personen aus der Gruppe der Sinti und Roma, ihre Familiengeschichte und ihren Glauben. Die portraitierten Personen wurden in den Redaktionsprozess selbst mit eingebunden. Seit 2021 kann die Ausstellung deutschlandweit ausgeliehen werden.

Nicolas Valentin Peter und „Theater in der Kirche e. V.“: Die Nacht von Flossenbürg
In dem Kammerspiel „Die Nacht von Flossenbürg“ behandelt die Gruppe „Theater in der Kirche“ aus Neuenmarkt die Todesnacht von Dietrich Bonhoeffer, seine Gewissenskonflikte und seine Entscheidung, bei der Tötung eines Menschen mitwirken zu wollen – wissend, dass er dadurch gegen das Gesetz Gottes verstößt. Die Szene wechselt dabei zwischen dem Wohnzimmer von Bonhoeffers Mutter und der Todeszelle ihres Sohnes. Das Stück wurde und wird an vielen Orten Bayerns und Hessens aufgeführt.

Ehrenpreis: Forschungsgruppe Synagogenprojekt: Mehr als Steine … Synagogen-Gedenkband Bayern
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern“ wurde mit der Publikation des letzten Teilbands im April 2021 nach 19 Jahren abgeschlossen. Der Synagogen-Gedenkband dokumentiert die Geschichte der mehr als 200 jüdischen Gemeinden. Auf anschauliche Weise dokumentiert er die blühende jüdische Kultur in Bayern und auch den markanten Einschnitt des Jahres 1933.

09.11.2021
ELKB